Konzessionsverfahren: In der Theorie fair. Und in der Praxis?

Wenn sich eine junge Energiegenossenschaft dem Wettbewerb um die Konzession für die lokalen Energienetze gegen einen etablierten Platzhischen stellt, darf man einerseits von David gegen Goliath sprechen. Andererseits sollten in einer solchen Wettbewerbssituation Faktoren wie Größe, Einfluss oder Macht keine Rolle spielen. Aus guten Gründen muss ein solches Verfahren fair und diskriminierungsfrei stattfinden. In den Präambeln der Gesetzte und Verfahrensvorlagen ist das auch so. Und in der Praxis?

Unsere Freunde von der Bürgerenergie Berlin eG (BEB), die sich um das Berliner Stromnetz bewerben, erleben gerade so wie wir, dass gut gemeinte Regeln nicht immer dem harten Praxistest standhalten.

„Für die Bewerber, die sozusagen von außen kommen, sind sehr viel weniger Informationen über den jetzigen Netzbetrieb vorhanden. Das macht das Verfahren sehr ungleich“, beklagt BEB-Vorstand Luise Neumann-Cosel in einem lesenswerten Telepolis-Interview.

Ähnliche Situation in Oldenburg. Aktuell wird der Olegeno von dem Gutachterbüro Rödl & Partner vorgeworfen, den Nachweis der wirtschaftlichen, technischen und personellen Leistungsfähigkeit nach dem Energiewirtschaftsgesetz nicht ausreichend erbracht zu haben. Da das Verfahren weiterhin läuft, wird sich die Olegeno dazu gegenwärtig nicht en detail äußern können. Gegenstand des Verfahrens ist eine Verschwiegenheitsklausel, die beide Bewerber akzeptieren mussten. Nur so viel: An einem schlüssigen Konzept von Seiten der Olegeno sowohl in wirtschaftlicher, technischer und personeller Hinsicht mangelt es in dem über 300 Seiten umfassenden Angebot für die Oldenburger Energienetze sicherlich nicht.

An zahlungskräftigen Investoren, die sich bei einem Zuschlag an die Olegeno am Netzkauf in Oldenburg beteiligen werden, wird es ebenfalls nicht mangeln. Und auch viele Oldenburger werden es dann in Erwägung ziehen eigenes Geld in ihre Netze zu investieren. Es muss aber erlaubt sein, zu hinterfragen, wie eine neu gegründete Energiegenossenschaft Investoren für eine „Katze im Sack“ gewinnen kann. Welcher Investor – egal ob Bank oder Bürger_in – gibt bereits vorab Erklärungen über konkrete Zahlen ab, wenn der Zustand des Investitionsobjektes erst nach der Konzessionsentscheidung bekannt wird? Hier darf sich ein Newcomer wie die Olegeno benachteiligt fühlen und es muss hinterfragt werden, wie hier in diesem Verfahren „Diskriminierungsfreiheit“ definiert wird?

Wir hätten vielleicht schon aufgegeben, wenn das Konzessionsverfahren nicht auch auf politischer Seite insbesondere in puncto Chancengleichheit Fragen aufwerfen würde. So wurde auf der letzten Finanzausschusssitzung eine Vertagung der endgültigen Entscheidung auf den 29. Januar 2014 beschlossen, damit eine eventuelle kartellrechtliche Prüfung ermöglicht werden kann. Das gibt auch uns Zeit, das Verfahren prüfen zu lassen.

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